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9. November 1938 – 13. /14. Februar 1945 (4): Ein Buch

Im Jahr 2002, kurz nach der Weihe der neuen Dresdner Synagoge am Hasenberg, veröffentlichte der katholische Priester Michael Ulrich ein Büchlein dokumentarischen Charakters: Der Band beschäftigte sich vor allem mit dem Synagogenneubau und dem Wiederaufbau der Frauenkirche

Feuer im Kleinen, Feuer im Großen

Bereits der Titel: „Dresden – Nach der Synagoge brannte die Stadt“ zeigt den inneren Zusammenhang auf, den Ulrich zwischen Synagogenbrand und der Zerstörung des Stadt 1945 sieht. Ziel des Buches sei es, „[d]as oft zitierte Wort: ‚Erst brannte die Synagoge, dann brannte die Welt‘ […] am Beispiel Dresdens“ zu konkretisieren und veranschaulichen (Ulrich, Michael: Dresden – nach der Synagoge brannte die Stadt. Dokumente, Berichte und persönliche Zeugnisse, Leipzig 2002, S. 9).

Das Buchcover

Die Veranschaulichung der Verbindung zwischen 1938 und 1945 bietet bereits das Cover des Bändchens: Es zeigt den Schatten der während des Pogroms zerstörten Synagoge auf den Ruinen der luftkriegszerstörten Elbestadt

9. November 1938 – 13. /14. Februar 1945 (3): Eine Gedenkrede in Dresden 1988

Wie eng der Bezug zwischen dem Pogrom und den Luftangriffen sein konnte, zeigten auch Gedenkfeierlichkeiten anlässlich des 50. Jahrestags des Pogroms.

Eine Rede des Dresdner Oberbürgermeisters

Am 11. November 1988 fand in Dresden an der Stele am Hasenberg eine große Gedenkveranstaltung statt. Auch der damalige Dresdner Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer hielt eine Gedenkrede. Dabei forderte er, „den Zusammenhang zwischen den Opfern der Pogromnacht, des Weltkriegs und des 13. Februar 1945 in Dresden nicht zu vergessen und den Geist der antifaschistischen Tradition immer als aktuelle Verpflichtung zu sehen“ – so die Zusammenfassung seiner Rede im Nachrichtenblatt des Verbands der Jüdischen Gemeinden in der DDR (3/1989, S. 29).

Der Grundtenor von Berghofers Rede war dabei von einem antifaschistischen Selbstverständnis getragen, das die Symptome für Krieg und Zerstörung schon in der Gewalt des November 1938 angelegt sah.

Zum Pogrom- und Luftkriegsgedenken in Dresden zwischen 1945 und 1989 möchte ich auf die Magisterarbeit von Thomas Fache verweisen: Alliierter Luftkrieg und Novemberpogrom in lokaler Erinnerungskultur am Beispiel Dresdens (2007).

Eine Bußtagsfürbitte im Herbst 1938

Im Herbst 1938 stand die Führung der Bekennenden Kirche unter starkem politischenDruck. Gleichwohl erfolgte für den Buß- und Bettag (16.11.1938) der Vorschlag, mit einem kleinen Absatz innerhalb des Fürbittengebets auch der als Juden verfolgten Menschen zu gedenken.

Eine Fürbitte

Darin hieß es:

„Nimm Dich der Not aller der Juden in unserer Mitte an, die um ihres Blutes willen Menschenehre und Lebensmöglichkeiten verlieren. Hilf, daß keiner an ihnen rachsüchtig handle. Mache uns barmherzig, damit wir Barmherzigkeit erlangen. Insonderheit laß das Band der Liebe zu denen nicht zerreißen, die mit uns in demselben teuren Glauben stehen und durch ihn gleich uns deine Kinder sind“ (zit. nach: Niesel, Wilhelm: Kirche unter dem Wort. Der Kampf der Bekennenden Kirche der altpreußischen Union 1933-1945, Göttingen 1978, S. 189).

Der Beschluss zur Aufnahme eines Passus für die Verfolgten in die Gottesdienstordnung war bereits am 5. Oktober gefallen. Die Bekennende Kirche und die Pfarrer in den Ortsgemeinden sahen sich nach den Pogromen allerdings mit gänzlichen neuen Umständen konfrontiert. Der Text machte wohl auch deshalb Konzessionen an das nationalsozialistische Regime: Mit der Aufnahme des Wortes „rachsüchtig“ begab er sich ins Fahrwasser der offiziell propagierten Deutung, dass die Pogromgewalt ein ‚spontaner‘ Akt des ‚Volkszorns‘ und als solcher gerechtfertigt sei. Zudem richtete sich die Fürbitte besonders stark an als Juden verfolgte Christen.

Umgang mit dem Textpassus am Buß- und Bettag

Vermutlich hielten sich nicht viele Pfarrer in den Bußtagsgottesdiensten an den Text und Geist der Fürbitte, da sie durchaus Konsequenzen fürchten mussten. In wieweit die Fürbitte in den sächsischen Kirchen verlesen wurde, ist mir bislang nicht bekannt. Dass zumindest im Einzelfall Pfarrer in ihren Gottesdiensten gegen die Verfolgung und Pogromgewalt protestierten, zeigt das Beispiel der Silvesterpredigt des Tannenberger Pfarrers Johannes Ackermann.

Weiterführende Literatur zum Umgang der Kirche mit den Judenverfolgungen in dieser Zeitphase u. a.:

Büttner, Ursula: Von der Kirche verlassen: Die deutschen Protestanten und die Verfolgung der Juden und Christen jüdischer Herkunft im „Dritten Reich“, in: Büttner, Ursula; Greschat, Martin: Die verlassenen Kinder der Kirche. Der Umgang mit Christen jüdischer Herkunft im „Dritten Reich“, Göttingen 1998, S. 15–69.

Röhm, Eberhard; Thierfelder, Jörg: Juden, Christen, Deutsche, 1933-1945, Bd. 2, 2, Stuttgart 1992.

Ein Foto und seine Geschichte (7): Das ausgebrannte Kaufhaus Britania in Borna

Eine der wenigen Aufnahmen, die die Pogromgewalt jenseits der großen Städte mit jüdischen Gemeinden festhielt, stammt aus Borna.

Das Kaufhaus Britania der Familie Rose

Über die Geschichte der Familie Rose und die Zerstörung des Kaufhauses ist bereits an anderer Stelle kurz geschrieben. Der Fund der Fotografie, die sich in Privatbesitz befindet, war mehr oder weniger ein Zufallstreffer: Sie tauchte in einem kleinen Video auf (Minute 1:44), das im Rahmen eines Interviews mit Frederick Rose 2002 in Kanada entstand und das ich bei meinen Recherchen zur Geschichte der Familie entdeckt hatte:

Die Aufnahme zeigt das Kaufhaus nach der Zerstörung bereits mit Brettern verschlagen. Sie ist zugleich eine der wenigen Aufnahmen, die die Zerstörung ‚jüdischer‘ Geschäfte im November 1938 zeigen – hier sogar in einer Kleinstadt.

Ein Foto und seine Geschichte (6): Ein ‚falsches‘ Pogromfoto aus Leipzig

Ein Foto, das 1989 in einem Band zur Geschichte der Leipziger Juden im Zusammenhang mit den Pogromen zum Abdruck kam, zeigt ein noch rauchendes Gebäude mit Klinkerfassade und auffälligem Portal. Das Gebäude erinnert ein wenig an einen Kirchenbau. Davor zu sehen sind ein Leiterwagen und ein weiteres Fahrzeug der Feuerwehr, Schläuche, ein Feuerwehrmann und weitere Personen.

abgedruckt in: Unger, Manfred/Lang, Hubert (Bearb.): Juden in Leipzig. Eine Dokumentation zur Ausstellung anläßlich des 50. Jahrestages der faschistischen Pogromnacht im Ausstellungszentrum der Karl-Marx-Universität Leipzig, Leipzig: Rat des Bezirkes Leipzig, Abt. Kultur [1989], S. 170.

Kein Schnee während der Pogrome

Ein wichtiges Detail verrät indes beim genauen Hinschauen sofort, dass es sich hierbei um keine Aufnahme vom Leipziger Pogrom handeln kann: Auf der Fotografie ist Schnee zu erkennen – und der lag, wie auch die anderen Leipziger Fotos belegen, am 9. und 10. November 1938 nicht. Laut zeitgenössischem Wetterbericht waren die Tagestemperaturen zwar kühl, lagen aber sehr deutlich im Plusbereich.

Hierzu auch: Steffler, Reinhard: Brände in Leipzig’s jüdischen Einrichtungen und die Handlungen der Berufsfeuerwehr? <Eine erste Analyse>, Leipzig 2013, S. 23.

Ein Fund im Leipziger Stadtmuseum

Tatsächlich stammt die Aufnahme, die im Stadtarchiv Leipzig überliefert ist, von dem Fotografen Max Ellrich. Sie entstand wohl um 1940. Weiterhin unklar ist, welches Gebäude hier in Brand stand – und warum.

Die Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin

Die Notwendigkeit einer intensiven Auseinandersetzung mit der Geschichte der überlieferten Fotografien gilt nicht nur für die sächsischen Aufnahmen. Am bekanntesten dürfte die Zuordnung eines Fotos der brennenden Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin zum Pogrom sein. Zwar war auch dort Feuer gelegt worden. Der Bau brannte wegen schnellen Löschens allerdings nicht aus und die Schäden hielten sich in Grenzen.

Vielmehr zeigt die Aufnahme das Gebäude entweder nach Luftangriffen auf Berlin im Jahr 1943 oder es handelt sich gänzlich um eine Retusche.

Bildquelle: Bundesarchiv, ADN-ZB/Archiv/04.07.1988.

9. November 1938 – 13. /14. Februar 1945 (2): Die Technische Nothilfe

Eine weitere Verbindungslinie zwischen den Pogromen und den Flächenbombardements eröffnete sich in gänzlich anderer Hinsicht: In Dresden, Leipzig und Chemnitz kam auch die Technische Nothilfe (Teno) bei den Sicherungs- und Abrissarbeiten zum Einsatz.

Einsatz unter realen Bedingungen

Zum Aufgabenfeld der Technischen Nothilfe, die 1936 zur ‚technischen Hilfspolizeitruppe‘ erhoben wurde, gehörte neben Hilfseinsätzen auch der Luftschutz. Die niedergebrannten und einsturzgefährdeten Synagogen boten nunmehr bereits zu Friedenszeiten die Möglichkeit, den Einsatz der Teno unter realen Bedingungen der Schadensbeseitigung zu üben.

Der Lehrfilm der Technischen Nothilfe

In Dresden entstand dabei ein Film, der heute als sogenannter „Lehrfilm der Technischen Nothilfe“ im Bundesarchiv in Berlin genutzt werden kann. Der Film zeigt die Sprengungen und Abrissmaßnahmen sowie die verwendete Technik im Detail. Inwiefern er bei der Luftschutzschulung zum Einsatz kam, ist bislang nicht bekannt. Sicher ist aber, dass die Technische Nothilfe mit dem Beginn des Luftkriegs gegen das Deutsche Reich dann tatsächlich mit kriegszerstörten Ruinen konfrontiert war – in Dresden erstmals im Herbst 1944 und dann vor allem im Februar 1945.

Zur Geschichte der Technischen Nothilfe: Linhardt, Andreas: Die Technische Nothilfe in der Weimarer Republik, Norderstedt 2006.

9. November 1938 – 13. /14. Februar 1945 (1)

Als der Maler Otto Griebel am Morgen des 10. November 1938 das Geschehen vor der Ruine der Dresdner Synagoge verfolgte, traf er auch auf „einen kleinen, alten Fürsorgeempfänger, ein bärtiges Männlein, dem Franz Hackel und ich den Namen ‚Der Diogenes von Dresden‘ gegeben hatten, weil er immerfort am Elbestrand in der Sonne lag und alles verfolgte, was in der Stadt so vor sich ging. Wir waren vom ‚Stempelpark‘ her gute Bekannte, und als mich der Alte nun erblickte, meinte er fast beschwörend und mit blitzenden Augen: ‚Dieses Feuer kehrt zurück. Es wird einen großen Bogen gehen und wieder zu uns kommen!‘ Dann entschwand er.“ So hielt es Griebel in seinen Lebenserinnerungen fest (Griebel, Otto: Ich war ein Mann der Strasse. Lebenserinnerungen eines Dresdner Malers, Halle/Leipzig 1986, S. 401).

Synagogenzerstörung und Stadtzerstörung

Was Griebel erlebte, soll kein Einzelfall gewesen sein: Mehrere Zeitzeugen, die die Zerstörung der Synagoge und die Misshandlungen der Gemeindebeamten am 10. November erlebten, befürchteten, dass sich dies – so der O-Ton einer Zeitzeugin – einmal bitter rächen werde.

Die Zerstörung Dresdens im Februar 1945 war 1938 freilich noch nicht absehbar. Gleichwohl hatte das Jahr in seinem Verlauf an mehreren Stellen deutlich gemacht, dass das nationalsozialistische Regime den Krieg durchaus einkalkulierte. Vor allem die englische Appeasement-Politik und das Münchner Abkommen hatten erst wenige Woche zuvor eine militärische Initiative des Deutschen Reichs in der ‚Sudetenkrise‘ abgewendet.

Erinnerungsnarrativ

Der enge, auch nach Kriegsende immer wieder hergestellte und auch in der Erinnerungspolitik betonte Zusammenhang von Synagogenzerstörung und Stadtzerstörung ‚erfüllte‘ sich historisch erst im Februar 1945. In Bezug auf die Folgen des Krieges galt die Synagoge vielen Zeitgenossen als eine der ersten Ruinen der Elbestadt (obwohl auch andere Bauten von historisch-kulturellem Wert, wie etwas Kugelhaus, bereits früher hatten weichen müssen).

Ein Foto und seine Geschichte (5): Der Umzug der als Juden Verfolgten in Bautzen

Für Bautzen ist eine Fotografie überliefert, die den ‚Zug der Juden‘ durch die Schulstraße am 10. November 1938 zeigt. Zu erkennen sind auf der Aufnahme auch Schulkinder, die offensichtlich von ihren Lehrern extra frei bekommen hatten.

Sieben Stunden durch die Stadt

In Bautzen wurden die Verfolgten zunächst im Garagenhof Brückner gesammelt. Anschließend wurden sie sieben Stunden lang kreuz und quer durch die Stadt getrieben worden. Dabei mussten sie Schilder mit der Aufschrift ‚Jude‘ und ‚Saujude‘ tragen, außerdem ‚Juda verrecke!‘ rufen und Klingeln läuten. Auch hier sollte die Gewalt also vor möglichst vielen Augen stattfinden. Zudem kam es zu körperlichen Übergriffen.

‚Sportübungen‘ und Todesdrohung

Auf dem Kornmarkt hätten auch die älteren Männer und Frauen Kniebeugen und ähnliche Übungen machen müssen. Abschließend wurden die Gedemütigten vor das Gerbertor geführt, um sie in die Spree zu werfen. Dieses Vorhaben wurde allerdings nicht umgesetzt. Nach dem Rückmarsch auf den Hauptmarkt wurden die Verfolgten dann in ihre nicht selten bereits zerstörten Wohnungen entlassen.

Die Aufnahme

Die Aufnahme, die im Stadtmuseum Bautzen überliefert ist, deren genaue Herkunft ich bislang noch nicht klären konnte, zählt zu den wenigen Fotografien von den sächsischen Pogromereignissen, die direkt die Gewalt und Demütigungen gegen die Verfolgten zeigen. Sie ist unter anderem abgedruckt in der der 12. Jahresschrift des Stadtmuseums Bautzen aus dem Jahr 2006 (S. 42).

Einer der ersten Abdrucke der Aufnahme erfolgte bereits 1963 bei Erich Lodni (Lodni, Erich: Die Bautzener Kristallnacht 1938. Vor 25 Jahren, am 10. Nov. 1938, erlebte Bautzen die unmenschlichen Judenverfolgungen, in: Bautzener Kulturschau 13 (1963), 11, S. 2–5, hier: S. 3).

Zu den Bautzener Pogromereignissen siehe außerdem: Diamant, Adolf: Materialien zur Geschichte der Juden in der Deutschen Demokratischen Republik – ein wissenschaftliches Fragment, Frankfurt am Main 1984, S. 128-135.

Ein Foto und seine Geschichte (4): Eine weitere Aufnahme der Abnahme des Davidsterns von der Dresdner Synagoge

Die Abnahme eines Davidsterns der Dresdner Synagoge zeigt neben der bekannten Bildikone auch eine weitere Fotografie, die bislang unbekannt war (ein Abdruck des Fotos findet sich hier).

Die andere Perspektive

Über den Fotografen der Aufnahme ist bislang nichts bekannt. Er stand aber offensichtlich auf dem Zeughausplatz, blickte zwischen den Gemeindehäusern hindurch in Richtung der Synagogenruine, gehörte also entweder zu den Beobachtern der Pogrome, vermutlich aber noch eher zu jenen Personen, die direkt in die Ereignisse verwickelt waren (etwa als Angehöriger der Feuerlöschpolizei oder in anderer Funktion).

Die Aufnahme ist ein Beispiel dafür, dass es bei Fotografien zur Pogromgewalt von 1938 nicht nur darum geht, mit diesen das geschehene Unrecht und die Verfolgung zu dokumentieren. Vielmehr ist immer auch danach zu fragen, wer das Bild schoss – und aus welcher Perspektive. Bei der hier besprochenen Aufnahme bleiben also noch viele Fragen unbeantwortet.

Ein Foto und seine Geschichte (3): Die Abnahme eines Davidsterns von der Dresdner Synagogenruine als Bildikone

Eine Fotografie, die die Abnahme eines Davidsterns von der Dresdner Synagoge am 10. November 1938 zeigt, gilt als eine der Bildikonen zu den Novemberpogromen.

Die Abnahme der Davidsterne

Die Aufnahme(Link zu einem Ausschnitt) zeigt die ausgebrannte Ruine der Synagoge. Und sie zeigt zwei Feuerwehrmänner, die auf einer Drehleiter auf einem der Türme einen der Sterne abnehmen. Die ‚Dresdner Nachrichten‘ vom 10. November 1938 berichteten, dass die am späten Vormittag erfolgte Abnahme der Davidsterne „großen Beifall“ erzeugt habe.

Der Urheber der Aufnahme

Nur wenig ist in der öffentlichen Erinnerung über die Geschichte der Aufnahme zu lesen. Die Aufnahme wurde aus dem ebenfalls der Jüdischen Gemeinde gehörigen Gebäude Zeughausstraße 1 aus einer weit oben liegenden Wohnung heraus aufgenommen.

Das Nachrichtenblatt des Verbandes der jüdischen Gemeinden in der DDR vom Dezember 1988 berichtet, dass der jüdische Lehrer Aron Höxter das Foto von „seiner hochgelegenen Wohnung aus aufgenommen hatte, er wohnte im Haus Zeughausstraße 1, das der Synagoge sehr nahe stand.“

Tatsächlich ist Höxter im Adressbuch für 1940 als Mitbewohner in der 3. Etage des Hauses genannt. Es handelt sich also um eine Fotografie, die von den Verfolgten selbst aufgenommen wurde und im Gegensatz zu den meisten anderen Aufnahmen ihre Perspektive auf die Ereignisse wiedergibt.

Aron Höxter als Opfer der Schoa

Zur Person Aron Höxters gibt das Dresdner Gedenkbuch (Buch der Erinnerung) einige biografische Hinweise: Höxter, der 1892 in Treysa (Kreis Ziegenhain) geboren wurde, war mit Paula Sachs (Jg. 1894) verheiratet. Das Ehepaar hatte zwei Kinder: Sophie Margot und Günter).

Höxter arbeitete an der jüdischen Schule in Dresden als Lehrer. Die Familie lebte erst im ‚Judenhaus‘ Zeughausstraße 1 und dann Strehlener Straße 52. Das Ehepaar wurde am 20./21.01.1942 nach Riga deportiert. Aron Höxter starb wahrscheinlich 1945 in Mühlgraben bei Danzig. Seine Frau kam in Stutthof um. Auch der Sohn Günter überlebte die Schoa nicht.

Mit dem Rückgriff auf die Fotografie, die ein wichtiges Bilddokument zur Judenverfolgung in Sachsen darstellt, sollte also künftig auch stärker die Person Höxters in den Mittelpunkt rücken, die diese Aufnahme – und Gefahr für sich selbst – offensichtlich heimlich schoss.