Category: Bruchstücke 1938|2018

Pogrom und nationalsozialistische Presselenkung (15): Das Bautzener Tageblatt (I)

Wegen der momentan anlaufenden Ausstellungen BRUCH|STÜCKE in Chemnitz, Leipzig und ab dem 14. Oktober 2018 dann auch in Dresden erscheinen hier in den folgenden Tagen nur einige Auszüge aus der sächsischen Lokalpresse vom November 1938, die die Pogrome thematisieren. Diese Beiträge sind zentral gesteuert und unterliegen den Anweisungen aus Berlin. Sie beschönigen oftmals die Ereignisse und verbreiten antisemitisches Gedankengut – als Quellen sind sie entsprechend vorsichtig zu behandeln. Dies bitte ich bei den im Folgenden unkommentiert abgedruckten Quellenauszügen zu berücksichtigen.

Bautzener Tageblatt vom 12. November 1938

„Judenkundgebungen auch in Zittau

In einer Judenkundgebung machte sich auch die Empörung der Zittauer am Donnerstag über den jüdischen Meuchelmord in Paris Luft. Zwei Fensterscheiben jüdische Geschäfte gingen dabei in Trümmer und ein Teil des Mauerwerks der jüdischen Synagoge in einem Gartengrundstück in der Lessingstraße wurde durch zwei Sprengkapseln zerstört. Die Talmudschriften des Judentempels verwandelten sich auf einem Scheiterhaufen zu Staub und Asche. Sechs Juden wurden von der Polizei in Schutzhaft genommen, während vor den jüdischen Geschäften Polizeiposten aufgestellt wurden.“

Pogrom und nationalsozialistische Presselenkung (14): Der Nossener Anzeiger (II)

Wegen der momentan anlaufenden Ausstellungen BRUCH|STÜCKE in Chemnitz, Leipzig und ab dem 14. Oktober 2018 dann auch in Dresden erscheinen hier in den folgenden Tagen nur einige Auszüge aus der sächsischen Lokalpresse vom November 1938, die die Pogrome thematisieren. Diese Beiträge sind zentral gesteuert und unterliegen den Anweisungen aus Berlin. Sie beschönigen oftmals die Ereignisse und verbreiten antisemitisches Gedankengut – als Quellen sind sie entsprechend vorsichtig zu behandeln. Dies bitte ich bei den im Folgenden unkommentiert abgedruckten Quellenauszügen zu berücksichtigen.

Der Nossener Anzeiger vom 11. November 1938

„Die jüdische Synagoge in Dresden abgebrannt. Aktionen gegen Judengeschäfte

Dresden, 10. Novbr. In den frühen Morgenstunden des Donnerstag wurde die Feuerwehr nach der in der Zeughausstraße gelegenen Synagoge gerufen. Die Kuppel des jüdischen Tempels brannte lichterloh und die Wehr mußte sich auf den Schutz der umliegenden Gebäude, vor allem einer angrenzenden Holzhandlung beschränken. Mit unheimlicher Geschwindigkeit griff der Brand um sich. In der 4. Morgenstunde bildete der ganze Judentempel ein einziges Feuermeer und unter lautem Krachen brachen die Gewölbe zusammen. Bereits in den Nachtstunden sammelte sich eine große Menschenmenge an der Brandstätte.

In zahlreichen jüdischen Geschäften Dresdens wurden die Fensterscheiben eingeschlagen. Verschiedene Personen jüdischer Abstammung wurden in Schutzhaft genommen.

Wie von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, ist die jüdische Privatschule in der Fröbelstraße geschlossen worden.

Auch in anderen Städten Sachsens kam es zu ähnlichen Kundgebungen gegen die Juden. In Meißen wurden in allen jüdischen Geschäften die Fenster eingeschlagen. Sämtliche Läden mußten geschlossen werden. Die männlichen Juden wurden vorübergehend in Schutzhaft genommen. Die Polizei sorgte nach der Aktion dafür, daß niemand die Laden- und sonstigen Geschäftsräume der Juden betritt.“

Pogrom und nationalsozialistische Presselenkung (13): Der Nossener Anzeiger (I)

Wegen der momentan anlaufenden Ausstellungen BRUCH|STÜCKE in Chemnitz, Leipzig und ab dem 14. Oktober 2018 dann auch in Dresden erscheinen hier in den folgenden Tagen nur einige Auszüge aus der sächsischen Lokalpresse vom November 1938, die die Pogrome thematisieren. Diese Beiträge sind zentral gesteuert und unterliegen den Anweisungen aus Berlin. Sie beschönigen oftmals die Ereignisse und verbreiten antisemitisches Gedankengut – als Quellen sind sie entsprechend vorsichtig zu behandeln. Dies bitte ich bei den im Folgenden unkommentiert abgedruckten Quellenauszügen zu berücksichtigen.

Der Nossener Anzeiger vom 11. November 1938

„Jüdische Brandstifter gefaßt. Kaufhaus vollständig ausgebrannt

In Leipzig brach frühmorgens plötzlich im Kaufhaus Bamberger & Herz Feuer aus. Nach den bisherigen Ermittlungen haben sich die jüdischen Inhaber die Gelegenheit der spontanen Kundgebungen zunutze gemacht. [sic!] um daraus in echt jüdischer Manier Kapital zu schlagen. Sie haben entweder persönlich oder durch Mittelsmänner den Brand selbst angelegt, um sich dadurch in den Besitz der Versicherungssumme zu setzen.

Auf diese Weise haben sie geglaubt, in den Genuß des vollen Wertes des Unternehmens zu kommen, während sie sonst damit rechnen mußten, daß sie nach der schändlichen Tat ihres Rassegenossen Grünspan in Paris nicht mehr Absatz für ihre Waren finden würden. Dabei sind die genannten Juden von der Voraussetzung ausgegangen, daß sie in dem Augenblick der großen Erregung in Leipzig ihre Tat unbemerkt würden begehen und gar noch als Märtyrer der deutschen Volkswut im Ausland würden gelten können.

Die Juden haben gründliche Arbeit geleistet. Das Kaufhaus ist vollständig ausgebrannt. Die Feuerwehr hat lediglich die anderen im Hause befindlichen Geschäftsräume vor den Flammen bewahren können. Die Geschäftsinhaber wurden unter dem dringenden Verdacht der Brandstiftung und der [sic!] Versicherungsbetruges in Haft genommen.

Inzwischen war die Feuerlöschpolizei nach anderen Stellen gerufen worden. Zunächst brannte die Synagoge in der Gottschedstraße, und einige Zeit später ging auch der Judentempel an der Otto-Schill-Straße in Flammen auf. Man mußte sich hier damit begnügen, ein Uebergreifen des Feuers auf andere Gebäude zu verhindern. Die Gefahr konnte allerorts gebannt werden. Die jüdischen Geschäfte sind zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung bis auf weiteres polizeilich geschlossen.“

Kinder|Täter (4): Dippoldiswalde

In Dippoldiswalde bei Dresden wurde am 10. November 1938 die Familie Wallach von den Pogromtätern angegriffen. Auch hier heben Augenzeugenberichte hervor, dass Schulkinder gezielt in die Gewalt- und Demütigungsexzesse, die vor allem Johanna Wallach trafen, eingebunden waren: Letztere musste mit einem Schild mit der Aufschrift ‚Jude‘ vom Rathaus zu ihrer Wäscherei laufen. Die Schulkinder seien ihr gefolgt und auch bei der Zerstörung der persönlichen Habseligkeiten aus der Wohnung der Wallachs dabei gewesen.

Aufgeputschte Müllerschüler

Zu den Personen, die offensichtlich sogar an den Zerstörungen beteiligt waren, gehörten nach einem Zeitzeugenbericht auch ‚aufgeputschte Müllerschüler‘ – also Schüler der örtlichen Deutschen Müllerschule.

Auch hier zählten also Kinder und Jugendliche zu den Zeugen und Beteiligten der Ereignisse. Der Bruder von Johanna Wallach, Jordan, wurde offenbar ebenfalls von Schülern im Zuge der Ereignisse angespuckt.

Das Buch zum Projekt ‚BRUCH|STÜCKE‘ – eine Kurzvorstellung

Pünktlich zur Eröffnung der Ausstellung ‚BRUCH|STÜCKE – Die Novemberpogrome in Sachsen 1938‘ ist nun auch das gleichnamige Buch in Leipziger Verlag Hentrich & Hentrich erschienen (Preis: 19,90 EUR; ISBN: 978-3-95565-279-1).

Eine Gesamtschau zu den sächsischen Pogromereignissen

Der Band fasst die bisherigen Ergebnisse zu den Pogromereignissen auf dem Gebiet des heutigen Sachsen zusammen. Er führt im ersten Teil in die Vorgeschichte jüdischen Lebens und der nationalsozialistischen Judenverfolgung ein. Dabei wird noch einmal ausdrücklich herausgearbeitet, dass Menschen nach den pseudowissenschaftlichen Rassenkriterien als Juden verfolgt wurden – also nicht nur Personen, die sich selbst als Juden verstanden, sondern auch Atheisten, Protestanten und Katholiken.

Im Hauptabschnitt wendet werden die Ereignisse – die Übergriffen, Zerstörungen, Gewalttaten und Festnahmen zu – vorgestellt, um dann die Personen – die Verfolgten, die Täter, Zuschauer und Helfer der als Juden verfolgten Menschen – in den Mittelpunkt zu rücken.

Abschließend wird auf die Folgen der Pogrome sowie den Umgang mit den Ereignissen nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur eingegangen.

Immer wieder sind in die zusammenfassende Darstellung zu Ablauf und Organisation der Pogrome biografische und lokale Einzelbeispiele eingebettet.

Handreichungen fürs (Weiter-)Forschen

In einem Anhang bietet das Buch zudem zweierlei: Zum einen eine Zusammenstellung der bislang bekannten Orte, an denen es zu Pogromereignissen kam; zum anderen aber auch eine kleine Forschungshandreichung für Jedermann, die die Schwelle für selbstinitiiertes historisches Forschen möglichst niedrig halten soll.

Möge der Band also vor allem eines sein: Eine Anregung, sich mit den Formen und Werten menschlichen Mit- und Gegeneinanders in der Geschichte auseinandersetzen, um auf dieser Grundlage Entscheidungen für Gegenwart und Zukunft treffen zu können.

Zwischen den Ausstellungseröffnungen: Ein kurzes Innehalten

Vorgestern, am 4. Oktober 2018, wurde der Chemnitzer Teil der Ausstellung ‚BRUCH|STÜCKE – Die Novemberpogrome in Sachsen 1938‘ im smac eröffnet. Die Ausstellung wendet sich den sächsischen Pogromereignissen zu und legt dabei einen Schwerpunkt auf den Raum Chemnitz, das Erzgebirge und das Vogtland.

Ich habe mich sehr gefreut, dass die Teilnahme sehr rege war und sich viele Menschen im Foyer des ehemaligen Schocken-Warenhauses eingefunden haben, um sich mit den Biografien und Ereignissen auseinanderzusetzen. Allen Kooperationspartnern und Geldgebern des Projekts sowie allen Menschen, die BRUCH|STÜCKE mit ihren Geschichten, ihrem Wissen und ihren Forschungsergebnissen bereichert haben, meinen herzlichen Dank!

Fernsehbericht Sachsen-Fernsehen

Das smac als historischer Ort des Chemnitzer Pogroms

In meiner kleinen Ansprache gestern habe ich auch auf das Beispiel von Justin Sonder hingewiesen, der in wenigen Tagen 93 Jahre alt wird und die Pogrome als 13-Jähriger erlebte. In einem meiner ersten Blog-Beiträge habe ich im letzten Jahr aus seinen Erinnerungen zitiert. Die Familie lebte in Sichtweite des Schocken und er sah, wie die Täter die Schaufensterscheiben einschlugen.

Ausstellungseröffnung in Leipzig am 7. Oktober 2018

Gestern war ich nun zur Vorbereitung der Eröffnung des Leipziger Ausstellungsteils am 7. Oktober 2018 (19:00 Uhr) im Ariowitsch-Haus . Auch, wenn mir bislang nicht bekannt ist, inwieweit das Gebäude von den Ausschreitungen am 10. November 1938 betroffen war, so liegt es doch in einem Stadtbezirk, in dem die Pogromtäter besonders aktiv waren. Ich bin auf die Eröffnung am Sonntag sehr gespannt und hoffe auf zahlreiche Besucher.

Weitere Presseberichte u. a. in:

Freie Presse [Chemnitz], 05.10.2018

Tag24, 05.10.2018

Die Welt, 05.10.2018 / Süddeutsche Zeitung, 05.10.2018 (sowie viele weitere auf Grundlage einer dpa-Meldung)

Kinder|Täter (3): Ein Foto aus Bautzen

Bereits an anderer Stelle wurde auf ein Foto hingewiesen, das den ‚Umzug‘ von Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde in Bautzen am 10. November 1938 zeigt. Die Aufnahme ist unter anderem abgedruckt in der der 12. Jahresschrift des Stadtmuseums Bautzen aus dem Jahr 2006 (S. 42).

Hitlerjungen begleiten den Zug

Für Bautzen ist bekannt, dass Schüler extra schulfrei erhielten, um die Pogromerlebnisse selbst sehen zu können. Im unteren Bildbereich auf der einen und auch auf der anderen Seite des ‚Zuges‘ sieht man zahlreiche Hitlerjungen, die an ihren Uniformen erkennbar sind. Sie begleiten die gedemütigten Verfolgten offensichtlich recht belustigt, wenn sich sichtbare Gesichtsausdrücke so deuten lassen.

Antijüdische Parolen

In einem Prozess gegen Bautzener Pogromtäter erinnerte sich später ein Zeuge, dass Bernhard Rosenthal zusammen mit anderen als Juden verfolgten auf der Freitreppe der Villa Hamburger gedemütigt worden sei. Der Zeuge, Helmut Krebs, erinnerte sich, dass zahlreiche Schüler aufmarschiert seien und ‚Juda Verrecke‘, ‚Schlagt die Juden tot‘ und andere Sprüche geschrien hätten. Rosenthal habe daraufhin sein Holzbein abgeschnallt und zusammenbrechend mit den Worten „Der Dank des Vaterlandes ist euch gewiss!“ in die johlende Menge geworfen (Lodni, Erich: Die Bautzener Kristallnacht 1938. Vor 25 Jahren, am 10. Nov. 1938, erlebte Bautzen die unmenschlichen Judenverfolgungen, in: Bautzener Kulturschau 13 (1963), 11, S. 2–5.)

Kinder|Täter (2): Hitlerjugend in Leipzig

Auch in Leipzig waren Angehörige der Hitlerjugend an den Pogromübergriffen beteiligt. Einer der Verfolgten, der 1930 geborene Wolfgang Katz, erinnerte sich, dass ihn Hitlerjungen am 10. November 1938 überfallen und ihm die Schulbücher gestohlen hätten (vgl. Urban, Elke (Red.): Jüdische Schulgeschichten. Ehemalige Leipziger erzählen, Leipzig 2011, S. 185).

Überfall auf ein Altersheim

In Leipzig-Wahren überfiel ein Trupp Hitlerjungen das jüdische Alterheim. Die jugendlichen Angreifer brüllten laut ‚Juda verrecke!‘ und ‚Juden raus‘. Außerdem durchsuchten sie die Zimmer und raubten wohl auch Gegenstände der Bewohner. Über Gewalt gegen die Heimbewohner ist indes bislang nichts bekannt (vgl. Friederici, Hans-Jürgen: Die Bezirksorganisation der KPD im Kampf gegen die Errichtung und Festigung der faschistischen Diktatur. Das Ringen um die Einheitsfront der Arbeiterklasse und die antifaschistische Volksfront (1933-1939), in: Kommission zur Erforschung der Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung bei der Bezirksleitung Leipzig der SED (Hg.): In der Revolution geboren. In den Klassenkämpfen bewährt, Leipzig 1986, S. 349–446, hier S. 436; Schwendler, Gerhild: Zum antifaschistischen Widerstandskampf unter Führung der KPD in den Jahren 1935 bis 1939 in Leipzig, in: Jahrbuch zur Geschichte der Stadt Leipzig (1975), S. 47–68, hier S. 64).

Kinder|Täter (1): Der HJ-Bann 100 in Dresden

Nicht nur erwachsene Menschen waren in die Pogromgewalt eingebunden, sondern auch Kinder wurden Zeugen und zum Teil auch Mittäter. Für Sachsen sind so allein zahlreiche Fälle belegt, in denen Schulkinder von ihren Lehrern zu den Orten des Pogroms geführt wurden, um die Auswirkungen des propagierten ‚spontanen Volkszorns‘ gegen die Juden zu sehen – so etwa in Dresden, Großröhrsdorf und Leipzig. In anderen Orten, wie etwa in Bautzen, erhielten Schulkinder schulfrei, damit sie sich selbst ein Bild machen konnten.

Kinder als Täter

Bereits in seiner Arbeit zu den Novemberpogromen in Westdeutschland und Berlin hat Dieter Obst auf die Rolle von Kindern als Täter hingewiesen, die sich mit antisemitischen Spruchchören bis hin zu direkten Zerstörungsmaßnahmen beteiligten. Obst wies daraufhin, dass Lehrer oder Führer der NSDAP und ihrer Gliederungen hier durch ihre Autorität die jungen Menschen in die Gewaltaktionen einbanden und instrumentalisierten (vgl. Obst, Dieter: „Reichskristallnacht“. Ursachen und Verlauf des antisemitischen Pogroms vom November 1938, Frankfurt am Main 1991, S. 263-270).

In Sachsen waren es vor allem Angehörige der Hitlerjugend (HJ), die verschiedentlich bei den Pogromen als (Mit-)Täter in Erscheinung traten.

Musikzug der Hitlerjugend

In Dresden fand am Abend des 9. November 1938 eine antisemitische Kundgebung statt, auf der der NSDAP-Kreisleiter Hellmuth Walter und der ehemalige Gauleiter von Halle-Merseburg Paul Hinkler die versammelten Mitglieder der NSDAP und ihrer Gliederungen mit antisemitischen Reden aufhetzten. Anschließend kam es zu einem ‚Protestzug‘ durch die Stadt, bei der die Gewalt gegen ‚jüdische‘ Geschäfte wohl bereits einsetzte. Laut Bericht der ‚Dresdner Neueste Nachrichten‘ vom 10. November 1938 führte den Marsch der Musikzug des HJ-Bannes 100 an. Inwieweit sich Mitglieder des Banns auch an den Ausschreitungen in Dresden beteiligten, ist bislang nicht bekannt.

Fotografien in den Zeitungen von 1938 (3): Die Rheinische Landeszeitung

Inzwischen ist mir eine weitere deutsche Zeitung – allerdings außerhalb Sachsens – bekannt, in der eine Aufnahme von den Pogromen entgegen der klaren Presseanweisungen zum Abdruck kam.

Die ‚Rheinische Landeszeitung‘

Die ‚Rheinische Landeszeitung‘ für Düsseldorf, brachte in ihrer Abendausgabe vom 10. November 1938 auch Berichte über den Tod des Pariser Botschaftsmitarbeiters Ernst vom Rath und das lokale Pogromgeschehen. Auf der Titelseite der Zeitung, die zugleich das amtliche Blatt der NSDAP war, fanden sich in der Nummer insgesamt drei Fotografien: Eine Großaufnahme des seinen Schussverletzungen erlegenen vom Rath und zwei Aufnahmen, die zerstörte Geschäfte zeigen (Link zur digitalen Ausgabe der Zeitung).

Eine der Aufnahmen zeigt das Galanterie-, Leder und Spielwarengeschäft auf der Graf-Adolf-Straße 86 von Moritz Weiß. Das Foto ist untertitelt mit „Judenladen auf der Graf-Adolf-Straße schon gestürmt“, es zeigt das Geschäft also nach der Demolierung. Das erkennt man auch am zerschlagenen Geschäftsschildern. Zu sehen sind zahlreiche Personen – Männer und Frauen –, die sich die Zerstörungen anschauen.

Die zweite Aufnahme zeigt die Düsseldorfer Grupellostraße, einige Autos und zahlreiche Menschen. Möglicherweise wurden aus einem der Häuser Gegenstände auf die Straße geworfen, um die die Menschen im Halbkreis stehen. Genau erkennen lässt sich das aber aufgrund der schlechten Reproduktionsqualität der Zeitungsaufnahme nicht. Die Bildunterschrift lautet: „Und hier sind die empörten Düsseldorfer vor das Privathaus eines Juden auf der Grupellostraße gezogen.“ Auch hier wird wieder ein mutmaßlicher ‚spontaner Volkszorn‘ propagandistisch thematisiert, den es in der Realität so nicht gab: Die Pogrome waren fast allerorts von den Gliederungen der NSDAP hierarchisch organisiert.

Zeitungsaufnahmen als Einzelfälle

Beide Aufnahmen zählen zu den wenigen Beispielen für Fotografien der Pogrome, die in deutschen Tageszeitungen doch zum Abdruck kamen. Aus sächsischen Zeitungen ist bislang nur eine Aufnahme des brennenden Kaufhauses Bamberger & Hertz in Leipzig bekannt.