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Blog im ‚Winterschlaf‘

Leider ist es mir schon seit längerer Zeit wegen vielfacher anderer Arbeitsverpflichtungen nicht mehr möglich, neue Beiträge für den BRUCH|STÜCKE-Blog zu verfassen. Themen und Geschichte gäbe es freilich mehr als genug, denn die Arbeit am Forschungsprojekt geht natürlich weiter.

So hat sich zuletzt für mehrere Orte zeigen lassen, dass selbst jene Orte, an denen es nicht zum Ausbruch offener Gewalt gegen als Juden verfolgten Menschen kam, eine Pogromgeschichte haben: Zum Teil bereits in den nationalsozialistischen Gedenkveranstaltungen aus Anlass des Jahrestags des Hitler-Ludendorff-Putschs in München von 1923 – so in Niederstriegis bei Döbeln -, darüber hinaus aber auch auf NSDAP-Veranstaltungen in den Tagen nach dem 10. November 1938 waren antisemitische Hetze sowie die Rechtfertigung von Gewalt und gesetzlicher Repression mehrfach Thema. Letzteres war etwa in Leisnig und Döbeln der Fall. Niemand, so der menschenfeindliche Tenor derartiger Ansprachen und Reden, solle mehr mit ‚den Juden‘ Mitleid haben.

Anderorts verhinderte der offizielle Abbruch der offenen Pogromgewalt offensichtlich Schlimmeres: In Großenhain wurden am 10. November 1938 alle Einwohner für den Abend zur Teilnahme an einer kurzfristig anberaumten ‚Protestkundgebung‘ aufgefordert. Eine NSDAP-Veranstaltung aus Anlass des Hitlerputschs wurde dafür abgesagt. Der NSDAP-Redner aus Berlin sollte nun stattdessen bei der neu anberaumten antisemitischen Kundgebung sprechen. Anscheinend fand diese aber gar nicht statt – wohl wegen des offiziellen Endes der Gewaltexzesse. Stattdessen berichtete die Lokalpresse über die nun wie ursprünglich geplant stattfindende NSDAP-Veranstaltung, bei der jedoch auch antisemitischer Bezug auf den Tod des Botschaftsmitarbeiters vom Rath in Paris genommen wurde.

Solchen und weitere Geschichten will und werde ich auch weiterhin nachgehen. Bietet sich die Gelegenheit, werde ich darüber gern an dieser Stelle berichten.

9. November (4): Gedenken und Mauerfall

Nachdem in den 1970er- und 1980er-Jahren vor allem kirchliche Initiativen den staatlichen Erinnerungsimperativ des DDR-Regimes an die Novemberpogrome von 1938 konterkarierten, überschlugen sich die Ereignisse im Herbst 1989.

Gedenkmarsch in Leipzig

Als am 9. November 1989 die Berliner Mauer fiel, war Leipzig Ort des stillen Gedenkens: Ein Schweigemarsch des ‚Neuen Forums‘ führte nach dem Friedensgebet in der Nikolaikirche zum Gedenkstein am ehemaligen Standort der Gemeindesynagoge in der Gottschedstraße. Daran nahmen mehr Menschen teil, als jemals zuvor – und in den Jahren danach.

‚Mauerfälle‘

Der Mauerfall bedeutete für kirchliche Initiativen und neu gegründete Vereine, die sich mit jüdischer Geschichte und Kultur in Sachsen befassten, einen enormen Schub: Nicht nur der Zugang zu den Archiven, sondern auch das allgemeine Interesse einer, auch von politischen Erwägungen getragenen Gedenkkultur, führte in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren zu einer großen Flut an Publikationen. Die Geschichte der Juden war in Sachsen gleichsam ‚angekommen‘.

Bibliografien zur Literatur über die Geschichte der Juden in Sachsen findet sich in Medaon Ausgabe 6 (2012), 10 sowie (für die Zeit des Nationalsozialismus) in Ausgabe 8 (2014), 15.

Ausstellung „Nachbarschaft in dunkler Zeit. Judenverfolgung und Shoa im Dresden Norden, 1933-1945“ in der KulturKirche Weinberg

Ausstellungseröffnung

Freitag 26.01.2018, 19.00 Uhr

KulturKirche Weinberg, Albert-Hensel-Straße 3

Eintritt frei

Nachbarschaft in dunkler Zeit. Judenverfolgung  und Shoa im Dresdner Norden (1933–1945)

Die Ausstellung „Nachbarschaft in dunkler Zeit“  zeichnet für den Dresdner Norden exemplarisch  das Ende des bislang bestehenden Miteinanders  von „Juden“ und „Nichtjuden“ nach. Das Kaufhaus Fanger, das bis zu  den Novemberpogromen 1938 von einem jüdischen  Inhaber geführte Unternehmen Rheostat, das  Judenlager Hellerberg, das jüdische Zwangsarbeiter  beschäftigenden Goehle-Werk oder der Neustädter  Bahnhof als Drehscheibe der Deportationen in die  Vernichtungslager zeigen außerdem, dass Judenverfolgung und Schoa vielfach in  direkter Nachbarschaft der Dresdner stattfanden.

Bild- und Filmmaterial sowie die  Erinnerungen von Zeitzeugen führen diesen Ausschnitt der  Stadtgeschichte vor Augen. Sie regen zur Auseinandersetzung mit dem Zusammenleben von Menschen und Nachbarn in Vergangenheit wie Gegenwart an.

Filmvorführung: NS-Dokumentarfilm „Zusammenlegung der letzten Juden in Dresden“ (November 1942)

Zur Ausstellungseröffnung wird der NS-Dokumentarfilm „Zusammenlegung der letzten Juden in Dresden“ gezeigt, der im  November 1942 gedreht wurde. Der Dresdner Filmemacher Ernst Hirsch und der Berliner Historiker Dr. Marcus Gryglewski, beide ausgewiesene Kenner des Materials, werden den Film live kommentieren und in die Hintergründe einführen.

Einen Ausschnitt des Filmmaterials (mit freundlichem Dank an das Archiv Karl Höffkes):