Pogrom und nationalsozialistische Presselenkung (10): Pirnaer Anzeiger

Der Pirnaer Anzeiger berichte am 11. November 1938 ebenfalls über die regionalen und lokalen Pogrome. Im Tonfall äußerten sich die entsprechenden Absätze deutlich antisemitisch. Die Autoren hoben den ‚Racheakt‘ für das Attentat auf den Pariser Botschaftsmitarbeiter dabei besonders hervor.

Die Pogrome in Pirna

Zu den Pirnaer Pogromen schrieb das Blatt:

„In Pirna machte sich der Zorn gegen die Mordjuden ebenfalls in verschiedenen Aktionen Luft. U. a. wurden die Scheiben jüdischer Geschäfte zertrümmert und einige Juden in Schutzhaft genommen. Am Donnerstagnachmittag fand auf dem Markt eine Kundgebung statt, in der Pg. Hugo Müller scharfe Worte gegen die Juden richtete. Im Anschluß daran zog man vor die jüdischen Kaufhäuser“ (Pirnaer Anzeiger 129, 265 (11.11.1938), S. 2).

Die Nennung von Tatbeteiligten

Eine Besonderheit der Ausführungen zu Pirna ist der darin genannte Name eines Tatbeteiligten: Dem ‚Parteigenossen‘ Hugo Müller, der bei der am 10. November 1938 am Nachmittag auf dem Markt stattfindenden Kundgebung wüste antisemitische Hetze betrieb. Im Anschluss an seine Rede seien die Kundgebungsteilnehmer dann vor die ‚jüdischen‘ Kaufhäuser der Stadt gezogen. Betroffen waren die Konfektionsgeschäfte von Jurmann und Weiner sowie das EHAP und das Schuhkaufhaus Neustadt.

Wer also war Hugo Müller, der offensichtlich als Ortsgruppenleiter der NSDAP fungierte? Bislang scheint zu seiner Person wenig bekannt zu sein. Das Adressbuch für Pirna listet für 1938 zwei Personen dieses Namens auf. Bei dem in der SLUB Dresden geführten Exemplar wurden offensichtlich nach Kriegsende die Seiten über die Gliederung der Pirnaer NSDAP entfernt. Sie sind in der digitalen Fassung jedenfalls nicht vorhanden. Der Spur nach Müller und weiteren Tätern zu folgen, bleibt also eine Aufgabe, der noch nachgegangen werden kann.

Zum Weiterlesen:

Jensch, Hugo, Pirna unterm Hakenkreuz, 1933-1945, online unter: http://www.geschichte-pirna.de/Pirna%20unterm%20Hakenkreuz%201933.pdf (24.01.2018), bes. S. 80 f.

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