Zu den Menschen, die sich schützend vor die als Juden Verfolgten stellten, zählte auch die Familie Scheffler in Weißwasser. Der verwitwete August Scheffler hatte dort 1936 die als Jüdin verfolgte Witwe Margarete Pese und deren Tochter Gerda in sein Haus am Knappenweg aufgenommen. Scheffler und Peses kannten sich aus früherer Zeit: Peses hatten die Familie in der Zeit der Weltwirtschaftskrise mit Lebensmittel versorgt. Für Scheffler war es deshalb eine Frage der Menschlichkeit, den beiden Frauen zwei Dachkammern als Wohnung zur Verfügung zu stellen.
Den Schlägern entgegengetreten
Die Pogromtäter, die am 10. November 1938 auch Weißwasser mit Gewalt und Zerstörung überzogen, machten vor den beiden Zimmern des Peses nicht Halt. Zunächst jedoch stellte sich Scheffler den Angreifern entgegen und wies darauf hin, dass dies sein Haus sei. Sein couragierter, widerständiger Akt der Menschlichkeit blieb indes ohne Erfolg: Der Zerstörungstrupp demolierte beide Zimmer. Scheffler kam für sechs Wochen ins Stadtgefängnis und wurde erst nach Fürsprache des Vorsitzenden des Marinebundes, dem er angehörte, wieder freigelassen.
Annemarie Scheffler (verh. Krall, 1919-2008), seine Tochter, erinnerte sich 2004: „Oben war alles kurz und klein geschlagen. Die haben gehaust wie die Vandalen“.
Tod in Belzec
Das Schicksal der Peses führte in die Schoa: Beide wurden 1942 ‚nach Osten‘ deportiert und kamen wohl beide – für Gerda Pese ist dies gesichert – im Vernichtungslager Belzec ums Leben.
Zum Nachlesen u. a.: Schröder, Katrin: Familie half verfolgten Jüdinnen während der Nazi-Zeit. Die Weißwasseranerin Annemarie Krall feierte gestern 85.Geburtstag, in: Lausitzer Rundschau [Weißwasser] (07.05.2004), nachzulesen unter: https://www.lr-online.de/lausitz/weisswasser/familie-half-verfolgten-juedinnen-waehrend-der-nazi-zeit_aid-3567819 [27.06.2018].
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