Der Schriftsteller Erich Loest thematisierte die Pogromgewalt in Leipzig in seinem Roman ‚Völkerschlachtdenkmal‘. Darauf habe ich bereits an anderer Stelle hingewiesen. Inzwischen habe ich seine autobiografischen Notizen ‚Der Zorn des Schafes. Aus meinem Tagewerk‘ (Künzelsau/Leipzig 1990) noch einmal in Augenschein genommen. Ich wollte gern wissen, ob der 1926 geborene Loest darin auch auf die Pogromereignisse eingeht oder erklärt, warum das Thema in seinen erfolgreichen Roman Aufnahme fand.
Erich Loest, der Pogrom und die Paulinerkirche
Tatsächlich finden sich zum Gedenkjahr 1988, dem 50. Jahrestag, einige Stellen im Text, die den Bezug zum Thema herstellen, das sich die „[i]In diesem Herbst 1988 […] die Deutschen auf das besannen, was vor fünfzig Jahren den Juden angetan worden war“ (S. 337).
Wichtig war Loest offensichtlich auch der Bezug zwischen Synagogenzerstörung und der Sprengung der Ruine der Paulinerkirche 1968, die er selbst miterlebte. So heißt es im Buch: „In meinem Roman ‚Völkerschlachtdenkmal‘ knüpfe ich Fäden von der Zerstörung der Leipziger Synagoge im November 1938 zur Sprengung der Paulinerkirche dreißig Jahre später. Alfred Linden und sein Vater, der ein SA-Mann war, sind von beiden Schrecknissen betroffen. Dieser Roman trägt wie manches was ich schreibe, über Strecken satirische Züge, natürlich nicht, wo es um die Vernichtung von zwei Gotteshäusern geht“ (S. 373 f.) [Anm.: Alfred Linden ist der Protagonist des Romans].
An anderer Stelle notierte Loest in ‚Der Zorn des Schafes‘ zum Gedenken: „Im November 1988 wurde auch in Leipzig der Verbrechen an den Juden vor fünfzig Jahren gedacht. Einem ökumenischen Gottesdienst in der Nikolaikirche folgte ein Zug mit Kerzen in den Händen hinunter zu der Stelle, an der damals die Synagoge gestanden hat. Ein kleiner Bogen nur, und dieser Zug hätte den Platz berührt, an dem die Paulinerkirche in Trümmer fiel. […] Die Paulinerkirche wird so wenig auferstehen wie die Synagoge“ (S. 376).
Zumindest die Paulinerkirche ist als Neubau heute wiedererstanden. Am Standort der ehemaligen Gemeindesynagoge in der Gottschedstraße befinden sich heute Gedenkstein und Gedenkanlage.