Im Jahr 2014 erhielt das Stadtarchiv in Chemnitz Unterlagen des 1921 geborenen und 1944 als Soldat gefallenen Lothar Steyer übermacht (Zeitgeschichtliche Sammlung, ZGSL 83). Darunter befand sich auch ein Tagebuch, in dem Steyer seine Erlebnisse während der Chemnitzer Pogromereignisse festhielt.
Der Brand der Synagoge
In seinem Tagebuch notierte der 17-jährige Steyer unter dem 10. November 1938 unter anderem seine Wahrnehmungen vom Brand der Synagoge:
„Als ‚würdiger‘ Abschluß der Heldengedenkfeier des 9. November, wurden in der vergangenen Nacht (vom 9. zum 10.) in Chemnitz in sämtlichen jüdischen Geschäften alle Fensterscheiben eingeschlagen und heute früh brannte die Synagoge. Unsere ganze Klasse, außer den Mädchen und zweien, die zu spät kamen, sah sich heute früh die ganze Sache an und schwänzte damit die ersten zwei Unterrichtsstunden und erhielt darauf den verdienten Karzer.
Bei der Feuerwehr die an der Synagoge tätig war, konnte man zweifeln, ob sie dabei war, zu löschen oder durch Aufhacken der Fenster dem Feuer guten Zug zu verschaffen. Grinsend und Witze machend stand eine große Volksmenge auf dem Platz.
(Der Kreisleiter war mit seinem Wagen vorgefahren und besichtigte sich lächelnd die Sache. – nicht selbst gesehen)
Zerspringende Steine knallten und die Schiefer rasselten vom Dach. Als das Gebälk und die Spitze eines Seitenturmes herunterkrachten grölte die Menge“ (Auszug als Transkript, Fehler im Original).
Für den Hinweis auf Unterlagen Steyers danke ich Dr. Stephan Pfalzer vom Stadtarchiv Chemnitz.