Ein Foto, das 1989 in einem Band zur Geschichte der Leipziger Juden im Zusammenhang mit den Pogromen zum Abdruck kam, zeigt ein noch rauchendes Gebäude mit Klinkerfassade und auffälligem Portal. Das Gebäude erinnert ein wenig an einen Kirchenbau. Davor zu sehen sind ein Leiterwagen und ein weiteres Fahrzeug der Feuerwehr, Schläuche, ein Feuerwehrmann und weitere Personen.
abgedruckt in: Unger, Manfred/Lang, Hubert (Bearb.): Juden in Leipzig. Eine Dokumentation zur Ausstellung anläßlich des 50. Jahrestages der faschistischen Pogromnacht im Ausstellungszentrum der Karl-Marx-Universität Leipzig, Leipzig: Rat des Bezirkes Leipzig, Abt. Kultur [1989], S. 170.
Kein Schnee während der Pogrome
Ein wichtiges Detail verrät indes beim genauen Hinschauen sofort, dass es sich hierbei um keine Aufnahme vom Leipziger Pogrom handeln kann: Auf der Fotografie ist Schnee zu erkennen – und der lag, wie auch die anderen Leipziger Fotos belegen, am 9. und 10. November 1938 nicht. Laut zeitgenössischem Wetterbericht waren die Tagestemperaturen zwar kühl, lagen aber sehr deutlich im Plusbereich.
Hierzu auch: Steffler, Reinhard: Brände in Leipzig’s jüdischen Einrichtungen und die Handlungen der Berufsfeuerwehr? <Eine erste Analyse>, Leipzig 2013, S. 23.
Ein Fund im Leipziger Stadtmuseum
Tatsächlich stammt die Aufnahme, die im Stadtarchiv Leipzig überliefert ist, von dem Fotografen Max Ellrich. Sie entstand wohl um 1940. Weiterhin unklar ist, welches Gebäude hier in Brand stand – und warum.
Die Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin
Die Notwendigkeit einer intensiven Auseinandersetzung mit der Geschichte der überlieferten Fotografien gilt nicht nur für die sächsischen Aufnahmen. Am bekanntesten dürfte die Zuordnung eines Fotos der brennenden Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin zum Pogrom sein. Zwar war auch dort Feuer gelegt worden. Der Bau brannte wegen schnellen Löschens allerdings nicht aus und die Schäden hielten sich in Grenzen.
Vielmehr zeigt die Aufnahme das Gebäude entweder nach Luftangriffen auf Berlin im Jahr 1943 oder es handelt sich gänzlich um eine Retusche.
Bildquelle: Bundesarchiv, ADN-ZB/Archiv/04.07.1988.