Wie brutal und unvorbereitet Pogromgewalt und Verhaftungen als Juden verfolgte Menschen trafen, erlebte auch die Familie Cohn in Chemnitz. Am 9./10. November 1938 gaben sich der bereits in Buenos Aires lebende Günther Sachs und die in Chemnitz verblieben Hanna Luise Cohn per Fernheirat das Jawort.
„Macht endlich uff, ihr Judenschweine“
Dann traf Cohns die Gewalt der Pogrome. Eberhard Keil, der sich intensiv mit der Unternehmerfamilie Sachs beschäftigt hat, schreibt darüber wie folgt:
„Dort, in Chemnitz hatte bereits ein neuer Tag begonnen und es war vier Uhr in der Nacht. Da setzte an der Tür der Cohn’schen Wohnung lauter Lärm ein, Fäuste schlugen gegen das Holz und es klingelte ununterbrochen Sturm. ‚Rauskommen, Cohn! Raus, na, wird’s bald!‘ ‚Macht endlich uff, ihr Judenschweine!‘ Während sich Dr. Fritz Cohn anzog und seine Frau vor Schreck erstarrte, rannte Hanna in die Küche und suchte etwas Essbares zusammen, das sie eilig in Papier einschlug und dem Vater in die Hand drückte. Der öffnete die Tür und wurde sofort von einem groben Kerl in SA-Uniform am Mantel gepackt und rausgezerrt. ‚Cohn, Fritz?‘ schrie man ihn an. Er nickte, sagte leise ‚Ja‘ und hatte den Lastwagen zu besteigen, auf dem sich schon andere Männer befanden. Nach zehn Minuten war der Spuk vorbei, der Vater weg, die Mutter weinte, und Hanna rannte zu Bekannten und Verwandten in der Hoffnung, noch irgendjemand waren zu können“ (Keil, Eberhard: Die Sachswerk-Saga, 1914-1945. Eine Industrie-Geschichte aus Böhrigen, Chemnitz und der ganzen Welt, Marbach am Neckar 2006, S.6).
Nach Buchenwald
Fritz Cohn wurde ins Konzentrationslager Buchenwald überstellt, wo er schreckliche Wochen erlebt habe (vgl. ebd., S. 246). Nach der Haft emigrierte er nach Norwegen, von wo er im Herbst 1942 nach Auschwitz deportiert wurde. Dort kam er im Januar 1943 um.