Wie der ‚Freiheitskampf‘, so berichteten auch die ‚Dresdner Neuesten Nachrichten‘ von den Ereignissen am Abend des 9. November 1938:
„Während der Gedenkfeiern für die Toten der Bewegung in den einzelnen NSDAP.-Ortsgruppen wurde die Kunde vom Hinscheiden des Gesandtschaftsrates 1. Klasse, Pg. vom Rath, bekannt. Sie wurde der Partei- und Volksgenossen in den Versammlungssälen mitgeteilt. Nach den Totengedenkfeiern marschierten die Teilnehmer in geschlossenen Zügen zum Rathausplatz. Hier fand eine spontane Kundgebung gegen das Internationale Judentum statt. Kreisleiter Walter sprach zu Tausenden. […].
Zum Schluß forderte der Kreisleiter die Teilnehmer zu einem Protestmarsch durch die Stadt auf. Er ermahnte sie aber auch, Einzelaktionen zu unterlassen. Es gelte, in gewohntem diszipliniertem Einsatz dem Judentum die Entschlossenheit aller deutschen Volksgenossen zu zeigen.
Musik klang auf. Unter Vorantritt des Musikzugs des HJ.-Bannes 100 ging der Marsch der Tausenden über den Ring, durch die König-Johann-Straße zum Altmarkt und dann weiter durch die See- und Prager Straße zum Hauptbahnhof“ (Dresdner Neueste Nachrichten 263 (10.11.1938), S. 5).
Offene Chronologie
Auch die ‚Dresdner Neuesten Nachrichten‘ nahmen auf, dass die Todesnachricht vom Raths bereits in den Abendstunden des 9. November bekannt geworden sei. Ob es im Rahmen des ‚Protestmarschs‘ bereits zu Ausschreitungen kam, lässt die Zeitung jedoch ebenfalls offen. Dass auch die Hitlerjugend an den antisemitischen Aktionen beteiligt war, zeigt die Einbindung des HJ-Banns 100, über den ich bislang keine Informationen habe.