Im Jahr 1971 übernahm der Leipziger Pfarrer Siegfried Theodor Arndt (1915-1997) den Vorsitz der ‚Arbeitsgemeinschaft Kirche und Judentum‘. Arndt wurde in den folgenden Jahren zu einer der prägendsten Persönlichkeiten des christlich-jüdischen Dialogs in der Messestadt. Mit Eugen Gollomb (1917-1988), dem Vorsitzenden der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig, arbeitete er dabei eng zusammen. Ab Ende der 1970er-Jahre gingen daraus regelmäßige Vortrags- und Gedenkveranstaltungen anlässlich der Novemberpogrome hervor.
Arndt und die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit
Arndt war mit seinem biografischen Werdegang und seiner Auseinandersetzung mit demselben in seiner Generation eine große Ausnahme: Er sprach offen über seine jugendliche Begeisterung für den Nationalsozialismus. Anlässlich des 15. Jahrestags des gescheiterten Hitler-Putsches hatte er bei einer der Gedenkveranstaltungen in Lindenthal gar eine der Reden gehalten. Er gab sich nach 1945 jedoch nicht damit zufrieden, lediglich verführter Mittläufer gewesen zu sein. Die Auseinandersetzung mit seiner persönlichen Vergangenheit und Schuld beschäftigte ihn sein ganzes Leben.
Im Angesicht des Pogroms
Arndt sah in Leipzig die Synagogenruine in der Gottschedstraße, zerstörte Geschäfte und Gemeindeeinrichtungen. In seinen Lebenserinnerungen schreibt er dazu, er sei „entsetzt und fassungslos“ gewesen. Seine Einsicht in die Menschenfeindlichkeit des Nationalsozialismus und die Ursachen des Antisemitismus wuchs jedoch erst nach Kriegsende.
Zu Arndts Biografie siehe: Löffler, Katrin: Keine billige Gnade. Siegfried Theodor Arndt und das christlich-jüdische Gespräch in der DDR, Hildesheim 2011.
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