Eine der Fragen, auf die es beim Thema der Novemberpogrome von 1938 keine einfache Antwort gibt, ist die nach der Haltung der breiten Bevölkerung. Einzig, dass es den Pogromtätern sowie den Verantwortlichen der NSDAP und ihrer Gliederungen nicht gelang, die organisierte, vor allem von SA-, SS- und NSKK-Männern ausgeübte Gewalt auf breite Bevölkerungsschichten zu übertragen, kann als gesichert gelten.
Stimmungsberichte und andere Quellen
Was in den Menschen angesichts der Pogrome an den einzelnen Orten vorging, so zeigt sich auch für Sachsen, war durchaus ambivalent und vielschichtig: Persönlicher Judenhass und überzeugter Antisemitismus war bei einigen durchaus vorhanden, waren aber scheinbar keine Mehrheitsmeinung. Vielmehr zeigen geheime Stimmungsberichte des nationalsozialistischen Regimes, dass viele Menschen die Pogrome ablehnten – allerdings nicht unbedingt wegen deren antisemitischer Stoßrichtung, sondern wegen der Form: den Zerstörungen, den Plünderungen, der Gewalt und der Erwartung, dies alles werde sich negativ auf Deutschlands Ansehen in der Welt auswirken.
Allein, auch die Berichte sind als Quellen nur bedingt allgemein aussagefähig, da sie auch politische Zwecke verfolgten: Die Deutschlandberichte der Exil-SPD etwa (SOPADE-Berichte) berichteten über die Ablehnung der Pogrome mit mehreren Beispielen, die zugleich als Vorbild für den Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime genommen werden können.
Mit öffentlicher Kritik hielten sich viele zudem aus Furcht vor Repressalien zurück. Dass es mehrere Fälle von Denunziationen wegen angeblicher Pogromkritik gab, belegen die Akten des nationalsozialistischen Sondergerichts in Freiberg.
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