„Die Synagoge brennt“ – dieser Satz ihres Vaters vom Morgen des 10. November 1938 ist der damals 15-jährigen Channa Moronovicz aus Leipzig in Erinnerung geblieben. Der Kaufmann Jakob Moronovicz hatte am Morgen wie gewöhnlich die orthodoxe Ez-Chaim-Synagoge in der Otto-Schill-Straße aufgesucht. Diese brannte. Er kehrte deshalb schnell wieder nach Hause zurück und berichtete seiner Familie.
Hilfe durch einen Bekannten
Unterstützung erhielt die Familie Moronovicz an diesem Tag durch den Unternehmer Arthur Wittoesch und dessen Frau. Wittoesch rief die Familie zunächst an und nahm sie dann in seinem Haus in Gohlis auf. Um nicht denunziert zu werden, hatten Wittoeschs ihrem Dienstmädchen extra frei gegeben und anscheinend sogar extra neue Töpfe angeschafft, um eine koschere Küche zu gewährleisten. So erinnerte es jedenfalls Channa Moronovicz (Interview mit Elke Urban, abgedruckt in: Urban, Elke (Red ).: Jüdische Schulgeschichten. Ehemalige Leipziger erzählen, Leipzig 2011, S. 293-306).
Die Motive des Helfers
Neben der Bekanntschaft von Wittoesch mit der Familie legen die Erinnerungen von Channa Moronowicz noch ein weiteres Motiv offen, mit dem der Helfer auch die von ihm Aufgenommenen rückzuversichern suchte. Da heißt es: „Herr Witosch [sic!] hat uns die Tür von dem Zimmer seines Sohnes aufgemacht. Das war ein Zimmer […] mit einer großen roten Fahne mit Sichel und Hammer vor seinem Bett. Dann hat er gesagt: ‚Ja, das ist mein Sohn.‘“ Wittoesch, zumindest aber sein Sohn standen also offensichtlich dem kommunistischen Widerstand gegen die Nationalsozialisten nahe.
Rückkehr und Flucht nach Palästina
Nachdem Arthur Wittoesch am Nachmittag des 10. November die Wohnung der Moronowviczs noch einmal überprüft hatte und die Situation als nicht mehr gefährlich einschätzte, fuhr er die Familie entlang der Spuren der Pogromgewalt wieder nach Hause. Ihr gelang schließlich die Flucht nach Palästina.