Auch in Dresden ist ein organisierter antisemitischer Protest in einer Firma am 10. November 1938 belegt: Betroffen war das Unternehmen Rheostat in der Großenhainer Straße im Norden der Stadt.
Ein nationalsozialistisch gelenkter Zeitungsbericht
Die Dresdner NS-Tageszeitung Der Freiheitskampf publizierte in ihren Berichten über die Dresdner Pogromereignisse auch den folgenden kleinen Abschnitt:
„Die Geduld der Arbeitskameraden des Betriebes ‚Rheostat‘ in der Neustadt war am Donnerstagmorgen ebenfalls endgültig erschöpft. Sie forderten auf dem Fabrikhof die sofortige Entfernung der jüdischen Inhaber des Betriebes. Diese berechtigte Forderung wurde erfüllt. Die Juden wurden aus dem Betrieb gewiesen und einer der jüdischen Inhaber namens Kussi in Schutzhaft genommen“ (Nr. 311 (11.11.1938)).
Der Artikel, der in der Sprachwahl den Vorgaben der nationalsozialistischen Presselenkung entsprach, belegt nichts weniger, als die gewaltsame Entfernung und Inhaftierung der als ‚Juden‘ verfolgten Firmeninhaber. Frank Werner Kussi (später: Kussy, 1910-2010) wurde verhaftet; er floh nach seiner Freilassung 1939 in die Niederlande. Er und weitere Mitglieder seiner Familie wurden dort 1942 von den Deutschen aufgegriffen. Von diesen erlebte allein Frank Werner Kussi nach der Inhaftierung in verschiedenen anderen Konzentrationslagern in einem Nebenlager von Auschwitz das Kriegsende. Sein Bruder, der Direktor der Firma Rheostat, Fritz Viktor Kussi, kam 1945 in Auschwitz um.