Die am 12. November 1938 verabschiedete Verordnung über eine ‚Sühneleistung der Juden deutscher Staatszugehörigkeit‘, mit der der deutsche Staat den als Juden Verfolgten eine Sonderabgabe in Höhe von mindestens einer Milliarde Reichsmark auferlegte, traf in erster Linie jene Menschen, die Vermögen über 5.000 Reichsmark besaßen.
Rückgriff der Verfolgungsbehörden auf frühere Verordnungen
Die Grundlage für die Erhebung der sogenannten Judenvermögensabgabe bildete die im Frühjahr 1938 erlassen Verordnung über die Anmeldung von Vermögen der Juden über 5.000 Reichsmark. Die Durchführungsverordnung zur ‚Sühneleistung‘ vom 21. November 1938 ordnete konkret an, dass als Juden Verfolgte, die zur Anmeldung ihrer Vermögen verpflichtet waren, zwanzig Prozent davon bis zum 15. August 1939 in vier Raten abzuzahlen hatten. In ‚Mischehen‘ war nur der nichtarische Ehepartner zur Abgabe verpflichtet. Zur Zahlung waren auch staatenlose Juden verpflichtet.
Verschärfung 1939: Die zweite Durchführungsverordnung
Mit der Zweiten Durchführungsverordnung über die Sühneleistung der Juden vom 19. Oktober 1939 wurde die Höhe der Abgabe von zwanzig auf fünfundzwanzig Prozent erhöht, um so die Summe von einer Milliarde Reichsmark zu erreichen. Insgesamt wurden die Verfolgten dadurch um mehr als 1,1 Milliarden Reichsmark geschröpft – Gelder, die der deutsche Staat für den inzwischen ausgelösten Krieg benötigte.
Der konkrete Fall: Görlitz
Was dies für die Verfolgten an den einzelnen Orten bedeutete, zeigen Zahlen aus Görlitz: Hier betrug der Anteil an der ‚Sühneleistung‘ 515.600 Reichsmark. Gezahlt werden musste dieser Betrag von jenen 38 Haushalten, die ihr Vermögen mit über 5.000 Reichsmark angemeldet hatten (vgl. Otto, Roland: Die Görlitzer Juden unter der NS-Diktatur 1933-1945, in: Bauer, Markus; Hoche, Siegfried (Hg.): Die Juden von Görlitz. Beiträge zur jüdischen Geschichte der Stadt Görlitz, Görlitz 2013, S. 123–152, hier: S. 142).