In Chemnitz unterhielten die Eltern von Evyatar Friesel ein Konfektionsgeschäft in der Langen Straße 29. Die Familienmitglieder wurden als ‚Juden‘ verfolgt. Und sie waren ebenfalls von der Pogromgewalt betroffen. Es sei dies der Zeitpunkt gewesen, so Friesel in seinen Lebenserinnerungen, dass sie erkannt hätten, dass es höchste Zeit für die Emigration sei (Friesel, Evyatar: Ballade des äußeren Lebens. Memoiren, Leipzig 1997, S. 11 f.).
„‚Kristallnacht‘ – ich erinnere mich genau“
An die Pogrome erinnerte sich Friesel wie folgt: „Das Geschäft meiner Eltern lag nicht im Erdgeschoß, sondern eine Treppe hoch, direkt neben unseren Wohnräumen. Als ich am Morgen erwachte, sah ich, daß die großen Ladenfenster mit Pflastersteinen eingeworfen worden waren. Zwei stämmige SS-Männer waren die Treppe heraufgekommen und redeten mit lauter Stimme auf meine verschüchterten Eltern ein. Später ging ich hinaus. Es war ein kalter Morgen. Hie und da sah ich zerschlagene Schaufenster von Geschäften, bei denen ich gar nicht gewußt hatte, daß die Besitzer Juden waren. Ich kam zur Hauptsynagoge, einem schönen und stattlichen Gebäude. Nur seine Außenmauern standen noch, aus dem Innern stieg noch immer Rauch auf. Leute blieben stehen. Sie schauten stilll hin, sehr still, und gingen weiter. Es war kalt. sehr kalt“ (ebd. S. 12).
Auch an die zerstörten Schaufenster beim Warenhaus Tietz erinnerte sich Friesel, der die Schoa überlebte.