Zu den Themenfeldern, die im Zusammenhang mit den Pogromereignissen noch weiterer systematischer Forschung bedürfen, zählen die nach Kriegsende gegen Pogromtäter angestrebten und durchgeführten Prozesse.
Erster Prozesse dieser Art in Deutschland
Schon im Herbst 1945 verhandelte das Leipziger Schöffengericht gegen sechs NSDAP-Block- und Zellenleiter, den Betriebsangestellten Heinrici, den Buchbinder Robert Woserau, die Schneider Walter Taubert und Reinhold Steiner, den kaufmännischen Angestellten Rudolf Schreck und den Offsetdrucker Paul Schuster. Den Angeklagten wurde schwerer Landfriedensbruchs zur Last gelegt, weil sie im Bereich ihrer NSDAP-Ortsgruppe Osten-A am 10. November 1938 die Einrichtungen von zwei Geschäften zerstört, auf die Straße geworfen und geplündert hätten.
Der Urteilsspruch
Die Angeklagten versuchten ihre Beteiligung weitestgehend herunterzuspielen; einer berief sich darauf, Befehle ausgeführt zu haben. Schreck, der den Zerstörungstrupp 1938 nach Aussage der Mitangeklagten organisiert habe, leugnete eine Beteiligung. Das Gericht verurteilte Schreck zu sieben, Woserau zu vier, Heinrici, Schuster und Taubert zu je drei Jahre Zuchthaus; Steiner wurde wegen Landfriedensbruchs zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Die Untersuchungshaft kam wegen fehlender Aussagebereitschaft nicht in Anrechnung.
Der Zeitungsbericht über den Prozess erschien in der ‚Volksstimme‘ (15.11.1945). Der Verfasser hob ausdrücklich hervor, dass es sich dabei um das erste Verfahren dieser Art in ganz Deutschland handle.
Für den Hinweis auf den Prozess und den Artikel in der ‚Volksstimme‘ danke ich Prof. Mike Schmeitzner, Hannah-Arendt-Institut Dresden.
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