Die Auslösung der Pogrome (3): Das Fernschreiben von Sipo-Chef Reinhard Heydrich (1904-1942)

Um 1:20 Uhr am 10. November sendete Reinhard Heydrich, der SS-Gruppenführer und Chef der Sicherheitspolizei, aus München ein Blitz-Fernschreiben an alle Staatspolizei(leit)stellen, SD-Ober- und Unterabschnitte. Heydrich war von der Auslösung der Pogrome durch Goebbels überrascht worden und bemühte sich zunächst um Rücksprache mit Heinrich Himmler, der allerdings erst nach 24 Uhr, dem Zeitpunkt der Vereidigung der SS-Rekruten in München im Kontext der Feierlichkeiten zum 9. November, reagieren konnte.

Das Blitz-Fernschreiben

Ausführlicher als Müller präzisierte Heydrich, dass sich die Sicherheitspolizei mit den politischen Leitungen der NSDAP und der Ordnungspolizei abzusprechen habe. Nur Maßnahmen, die deutsches Leben und Eigentum nicht gefährdeten, dürften ergriffen werden. Geschäfte und Wohnungen dürften nur [sic!] zerstört, aber nicht geplündert werden. Ausländer, auch wenn diese Juden seien, dürften nicht behelligt werden.

Auch Heydrich ordnete an, dass Archivmaterial der jüdischen Gemeinden zu beschlagnahmen und an die SD-Dienststellen abzugeben sei, denen die politische Gegnerbekämpfung oblag. Außerdem sollten so viele gesunde männliche Juden festgenommen und in Konzentrationslager überstellt werden, wie möglich.

Heydrichs Fernschreiben konkretisierte mithin die von Heinrich Müller herausgegebenen Anweisungen, die für die Sicherheitspolizei – also auch die Gestapo – und den Sicherheitsdienst (SD) der SS galten.

Abgedruckt in: Kropat, Wolf-Arno: „Reichskristallnacht“. Der Judenpogrom vom 7. bis 10. November 1938, Wiesbaden 1997, S. 214-216.

Der Volltext des Fernschreibens findet sich auch unter: http://digitalpast.de/2013/11/09/blitz-fernschreiben-heydrichs-vom-10-november-120-uhr/

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