Wie Pawlisch gehörte auch der 1927 geborene Werner Teumer zur Jugendopposition in Leipzig.
Die ‚Schokoladenfrau‘
Teumer besuchte eine Schule in der Heinrichstraße, wohl die 12. Volksschule. Und er erinnerte sich im Zusammenhang mit den Novemberpogromen an eine besondere Begebenheit:
„Es gab in der Zeit bestimmte Erlebnisse, an die ich mich immer erinnere und die mich dann, ich will sagen, politisch gefestigt haben. Zum Beispiel: Gegenüber von uns in der Heinrichstraße war eine ‚Schokoladenfrau‘, die hatte so einen kleinen Laden. Mittwochs nach dem Asche abkehren gab die uns was oder für ’nen Fünfer kriegten wir dort Schokoladenbruch. 1938 in der Pogromnacht war ein großes Geschrei in der Heinrichstraße, meine Mutter rief mich. Da haben wir zum Fenster rausgeguckt und sahen, wie die Nazis sie an den Haaren aus dem Laden raus zerrten, drei Stufen runter, schmissen sie aufs Auto und demolierten den Laden“ („Nur der Freiheit gehört unser Leben“, Interview, abgedruckt in: Lange, Sascha: Die Leipziger Meuten. Jugendopposition im Nationalsozialismus, Leipzig 2012, S. 90-95, hier: S. 90).
Von den Mühen und Fragen des Historikers
Bislang ließ sich noch nicht genau identifizieren, um welches Geschäft es sich gehandelt haben könnte. Je detaillierter die Angaben von Zeitzeugen sind, desto genauer lassen sich diese historischen Ereignissen zuordnen und – soweit möglich mit anderen Quellen überprüfen.
Der Name Teumer lässt sich so zwar im Adressbuch der Stadt Leipzig für die Jahre 1938 und 1939, aber nicht auf der Heinrichstraße nachweisen. Daraus ergeben sich Fragen – und diese können und müssen bei begründetem Zweifel auch soweit gehen, dass die vermeintlich sichere Zuordnung von Erinnerungen zu bestimmten Ereignissen auf den Prüfstand gestellt werden muss.