Zu den Augenzeugen der Leipziger Pogrome gehörte auch der 1920 geborene Johannes Pawlisch.
Bündische Jugend
Als Mitglied der Bündischen Jugend habe er, so Pawlisch in einem Interview 2002, auch Kontakte zu jüdischen Pfadfindern gehabt.
Auf die Frage, ob er sich an die Pogromnacht erinnern könne, antwortete er: „Ja, da war ich noch Lehrling und hatte eine Freundin in der Eutritzscher Straße. Als ich am 9. November gegen Mitternacht von ihr losging, bin ich gerade in den Trubel reingekommen.
Dass was im Gange war, hatte man schon tagsüber gemerkt, auch bei den Kollegen im Betrieb. Da gab es einen Hilfsarbeiter und der war SA-Mann. Der ist im Betrieb benachrichtigt worden, dass er Dienst hat und weg muss, der war bei so einem Kommando mit dabei.
Ich bin in der Wurzener Straße in den Trubel reingekommen, als Geschäfte zerschlagen wurden. Sie hatten SA-Uniformen an und darüber Zivilmäntel und haben feste geklaut. Am nächsten oder übernächsten Tag ist die Frau von einem SA-Mann mit neuer Kleidung auf Arbeit gekommen“ („Hitler will nicht am Kreuz enden“, Interview, abgedruckt in: Lange, Sascha: Die Leipziger Meuten. Jugendopposition im Nationalsozialismus, Leipzig 2012, S. 45-51, hier: S. 50 f.).
Den Pogromtätern auf der Spur?
Pawlisch erinnerte sich in dem Interview auch, dass sie 1936/37 öfter auf dem jüdischen Sportplatz bei Wiederitzsch in der Nähe des jüdischen Friedhofs gewesen seien. Er nimmt an, dass die Haupttäter, die während der Pogrome die Trauerhalle und Friedhofsgebäude des Neuen jüdischen Friedhofs in Leipzig in Brand gesetzt hätten, wohl aus einer in der Nähe errichteten ‚SA-Siedlung‘ stammten (ebd. S. 50). Nach gegenwärtigem Kenntnisstand waren es wohl Männer des Nationalsozialistischen Kraftfahrerkorps, die für die Brandstiftung am 10. November 1938 verantwortlich waren.
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