1938 war Joachim Frotscher in Plauen gerade einmal elf Jahre, als er den Brand der Synagoge erlebte. Besonders beschäftigte Frotscher, der in einer adventistischen Familie aufwuchs, dass seine Gemeinde nicht einmal ein Wort der Anteilnahme gegenüber den als Juden Verfolgten gezeigt habe.
Ich schäme mich dafür
In einem Interview äußerte er sich Anfang 2003 wie folgt:
„Auch unsere Familie schwieg. Wie konnte es sein, dass sich niemand in unserer Gemeinde, nicht ein einziger, darüber empörte? Wir sahen die Synagoge brennen, aber ich hörte kein Wort des Mitleids oder der Anteilnahme aus dem Mund meiner Eltern. Man nahm die Ereignisse zur Kenntnis – es sprach sich schnell herum, dass die SA den Brand gelegt hatte – und schob den Juden die Schuld zu. Sie wären für ihr Unglück selbst verantwortlich. Sie hätten doch in Jerusalem gerufen: ‚Sein Blut komme über uns und unsere Kinder.‘ Nun müssten sie die Folgen ihrer Einstellung tragen […] Was mich bis heute besonders bedrückt hat, ist die Tatsache, dass wir als Adventgemeinde in Plauen in dieser bitteren Stunde einfach nur schwiegen und wegschauten. Dieses ‚Warum‘ quält mich. Ich schäme mich dafür“ (zitiert in: Heinz, Daniel: Missionarische Offenheit in der Welt, ideologische Anpassung in Deutschland: Siebenten-Tags-Adventisten und Juden in der Zeit des Nationalsozialismus, in: Heinz, Daniel (Hg.): Freikirchen und Juden im „Dritten Reich“. Instrumentalisierte Heilsgeschichte, antisemitische Vorurteile und verdrängte Schuld, Göttingen 2011, S. 281–308, hier S. 296).
Auf dem ehemaligen Synagogengrundstück steht heute die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Plauen.